Von exzellent bis katastrophal – Beiräte im Familienunternehmen

Die Beiräte von Familienunternehmen sind sehr viel besser geworden. Aber noch viel zu oft verpufft ihre Arbeit wirkungslos. Dafür gibt es vor allem drei Gründe: unzureichende Rahmenbedingungen, die falschen Personen und eine ineffiziente Arbeitsweise. Von Dr. Ka­rin Ebel und Ge­rold Rie­der Frei­wil­li­ge Bei­rä­te in Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men sind ein Gre­mi­um mit zwei­fel­haf­tem Ruf. Da gibt es die … Weiterlesen

Die Beiräte von Familienunternehmen sind sehr viel besser geworden. Aber noch viel zu oft verpufft ihre Arbeit wirkungslos. Dafür gibt es vor allem drei Gründe: unzureichende Rahmenbedingungen, die falschen Personen und eine ineffiziente Arbeitsweise.

Von Dr. Ka­rin Ebel und Ge­rold Rie­der

Frei­wil­li­ge Bei­rä­te in Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men sind ein Gre­mi­um mit zwei­fel­haf­tem Ruf. Da gibt es die Gre­mi­en, die pri­mär ge­schaf­fen wur­den, um den schei­den­den Pa­tri­ar­chen mit Macht und Ein­fluss aus­zu­stat­ten. Oder es gibt die im­mer noch mit Haus­an­walt, Haus­be­ra­ter oder Haus­ban­ker be­setz­ten Gre­mi­en, die kos­ten­lo­se Spe­zi­al­kom­pe­tenz ins Haus brin­gen sol­len, die an­sons­ten vom Un­ter­neh­men teu­er zu­ge­kauft wer­den müss­te. Und da gibt es die Alt­her­ren­clubs mit ei­nem 70+-Durch­schnitts­al­ter, die man auf­grund lang­jäh­ri­ger fa­mi­liä­rer Ver­bun­den­heit für nicht auf­lös­bar hält.

Aber es gibt eben auch die jun­gen, dy­na­mi­schen, stra­te­gisch auf­ge­stell­ten Bei­rats­gre­mi­en, die für die Ge­schäfts­füh­rung eine un­schätz­ba­re Hil­fe und für die Ge­sell­schaf­ter ein un­er­läss­li­ches, trans­pa­ren­tes, wir­kungs­vol­les und ver­läss­li­ches Auf­sichts- und Kon­troll­or­gan sind. Es gibt ex­ter­ne Bei­rats­vor­sit­zen­de, die Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men si­cher durch per­so­nel­le, exis­ten­zi­el­le und fa­mi­liä­re Kri­sen füh­ren. Aber was ge­nau ist es, was die gu­ten Bei­rats­gre­mi­en von den schlech­ten un­ter­schei­det?

Die Grün­de für das Nicht­funk­tio­nie­ren die­ser Gre­mi­en fin­den sich in drei Be­rei­chen: feh­len­de, falsch ge­setz­te oder nicht durch­dach­te Rah­men­be­din­gun­gen, per­so­nel­le Fehl­be­set­zun­gen und eine in­ad­äqua­te Ar­beits­wei­se der Bei­rä­te.

Konzeption

Bei der Er­rich­tung ei­nes neu­en Bei­rats wird häu­fig nur we­nig Zeit auf die sau­be­re De­fi­ni­ti­on von Auf­ga­ben­stel­lung und Ziel­set­zung ver­wandt. Oft ha­ben Ge­sell­schaf­ter nur den
kon­kre­ten An­lass im Blick, der sie zur Ein­set­zung ei­nes Bei­rats be­wo­gen hat, zum Bei­spiel ein an­ste­hen­der Ge­ne­ra­ti­ons­wech­sel. Wich­tig ist aber, ge­nau zu ver­ste­hen und
zu an­ti­zi­pie­ren, wie sich Un­ter­neh­men und Fa­mi­li­en­struk­tur in den kom­men­den zehn Jah­ren ent­wi­ckeln wer­den, und aus die­ser Nut­zen­de­fi­ni­ti­on die Auf­ga­ben des Bei­ra­tes
ab­zu­lei­ten. Die­ser kann je nach Aus­gangs­la­ge und Fa­mi­li­en­kon­stel­la­ti­on sehr un­ter­schied­li­che Aus­prä­gun­gen ha­ben. In der Pra­xis las­sen sich vier Haupt­auf­ga­ben un­ter­schei­den:

  1. Beratung von Vorstand und Geschäftsführung in der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens;
  2. Kontrolle der Geschäftsführung;
  3. Begleitung eines Generationswechsels;
  4. Moderatorenrolle im Gesellschafterkreis oder Bindeglied zwischen Gesellschafterkreis und Geschäftsführung

Häu­fig ha­ben Un­ter­neh­mer schon vor Er­rich­tung ei­nes Bei­rats eine ge­naue Vor­stel­lung über die Per­so­nen, die sie für den Bei­rat ge­win­nen wol­len. Wird aber die  Per­so­nal­ent­schei­dung vor der Struk­tur­ent­schei­dung ge­trof­fen, ist die Ge­fahr ei­ner Fehl­aus­rich­tung hoch. Wer­den dann auch noch we­sent­li­che struk­tu­rel­le Fra­gen dem de­si­gnier­ten Bei­rats­vor­sit­zen­den über­las­sen, statt die­se im Ge­sell­schaf­ter­kreis vor­her sau­ber ab­zu­gren­zen, er­höht sich die­se Ge­fahr.

Ein Bei­rat soll­te nie­mals um Per­so­nen her­um ge­strickt wer­den. Zu­nächst soll­ten Ziel­set­zung und Auf­ga­ben­stel­lung des Gre­mi­ums de­fi­niert wer­den. Dar­aus las­sen sich dann Pro­fi­le der ge­such­ten Per­sön­lich­kei­ten ab­lei­ten. Erst dann soll­te die ei­gent­li­che Su­che nach ge­eig­ne­ten Per­so­nen er­fol­gen. Viel­fach wird die­se Rei­hen­fol­ge je­doch
nicht kon­se­quent ein­ge­hal­ten.

Illustration Beirat

Beiratsbesetzung

Bei der Iden­ti­fi­ka­ti­on ge­eig­ne­ter Per­so­nen für die vor­her de­fi­nier­ten Pro­fi­le ge­hen vie­le Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men im­mer noch zu hemds­är­me­lig vor. Wäh­rend es gang und gäbe ist, für die Be­set­zung von Ge­schäfts­füh­rer­po­si­tio­nen Per­so­nal­be­ra­ter mit ent­spre­chen­dem ent­spre­chen­dem Netz­werk zu en­ga­gie­ren, wer­den Bei­rä­te im­mer noch im Krei­se von „fa­mi­ly and fri­ends“ re­kru­tiert. Die Wahr­schein­lich­keit, auf die­se Art den ge­eig­nets­ten Kan­di­da­ten für das ge­such­te Pro­fil zu be­kom­men, ist re­la­tiv ge­ring. Mit Blick auf
die oft­mals weit­ge­hen­de Ver­ant­wor­tung von Bei­rä­ten ver­wun­dert die­se man­geln­de Pro­fes­sio­na­li­tät bei der Be­set­zung. Kein Un­ter­neh­mer käme auf die Idee, ei­nen neu­en  Ge­schäfts­füh­rer im Freun­des­kreis zu su­chen. Bei Bei­rä­ten ist das Usus. Setzt man die Kos­ten für ei­nen Bei­rats­ver­mitt­ler in Be­zug zur Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz, die die­sen Per­so­nen über­tra­gen wird, er­schließt sich nicht, war­um so vie­le Un­ter­neh­mer an die­ser Stel­le spa­ren.

Entlohnung

Ähn­lich spar­sam ge­hen Un­ter­neh­men bis­wei­len bei der Ent­loh­nung ih­rer Bei­rä­te vor. Die durch­schnitt­li­che Ver­gü­tung ei­nes Bei­rats in mit­tel­stän­disch ge­präg­ten Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men liegt weit un­ter der ei­nes Auf­sichts­rats in ei­nem bör­sen­no­tier­ten Un­ter­neh­men. Hier soll­te je­doch kein Miss­ver­ständ­nis ent­ste­hen. Es geht nicht dar­um, die in man­chen Fäl­len äu­ßerst zwei­fel­haf­te Ver­gü­tungs­dy­na­mik von Ka­pi­tal­markt­un­ter­neh­men zu imi­tie­ren. Eine or­dent­li­che Ver­gü­tung ist viel­mehr auch ein Zei­chen der Wert­schät­zung. Wer vol­les Com­mit­ment sei­ner Bei­rä­te er­war­tet, soll­te die rich­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen schaf­fen. Dazu ge­hört eine ad­äqua­te Ver­gü­tung. Be­son­ders,
wenn ak­ti­ve Un­ter­neh­mer oder Ge­schäfts­füh­rer, die selbst ein Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men füh­ren, ge­won­nen wer­den sol­len, ist eine in Re­la­ti­on zur Auf­ga­ben­stel­lung an­ge­mes­se­ne
Ver­gü­tung mehr als nur Hy­gie­ne­fak­tor.

Wich­tig ist auch ein un­ge­schön­ter Blick auf den ge­for­der­ten Zeit­ein­satz und eine ehr­li­che Ein­schät­zung, ob der Wunsch­kan­di­dat die­sen er­brin­gen kann. Denn ein  Bei­rats­man­dat er­for­dert ei­nen deut­lich hö­he­ren Zeit­ein­satz als die An­we­sen­heit an vier Sit­zungs­ta­gen. Bei­rä­te, die nicht aus­rei­chend Zeit für ein neu­es Man­dat mit­brin­gen und bei­spiels­wei­se mit von As­sis­ten­ten ver­fass­ten Post-Its an den Vor­be­rei­tungs­un­ter­la­gen zur Sit­zung er­schei­nen, leis­ten kaum ei­nen nach­hal­ti­gen Mehr­wert.

Operative Arbeit

Zu den ty­pi­schen ope­ra­ti­ven Feh­lern ge­hört, dass eine um­fas­sen­de Ein­füh­rung des neu­en Bei­rats in das Un­ter­neh­men und sein Zah­len­werk häu­fig nicht er­folgt. Statt ei­nes pro­fes­sio­nel­len On­boar­dings, wie es zum Bei­spiel bei neu­en Ge­schäfts­füh­rern üb­lich ist, geht dem neu­en Bei­rat le­dig­lich die Ein­la­dung zur ers­ten Bei­rats­sit­zung so­wie
ein mehr oder we­ni­ger gut auf die Bei­rats­auf­ga­ben zu­ge­schnit­te­nes Re­porting zu. Vie­le Bei­rä­te er­grei­fen zu­dem nicht die Chan­ce, sich mit ih­ren Bei­rats­kol­le­gen im Vor­feld der Sit­zun­gen aus­zu­tau­schen. Da Bei­rats­sit­zun­gen in der Re­gel ge­mein­sam mit der Ge­schäfts­füh­rung statt­fin­den, fehlt dem Gre­mi­um da­mit die Mög­lich­keit, sich ab­zu­stim­men. Häu­fig fehlt ein pro­fes­sio­nell or­ga­ni­sier­tes Bei­rats­bü­ro, das vie­le un­ter­stüt­zen­de Tä­tig­kei­ten über­neh­men könn­te.

Ein wei­te­rer Schwach­punkt in der Pra­xis ist das Feh­len von kla­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­re­geln. In man­chen Un­ter­neh­men re­det je­des Bei­rats­mit­glied mit je­dem Ge­schäfts­füh­rer und je­dem Ge­sell­schaf­ter, was schnell zu In­for­ma­ti­ons-Asym­me­tri­en und da­mit zu Miss­ver­ständ­nis­sen führt. Es ist zum Bei­spiel die Fra­ge zu klä­ren, ob ein­fa­che  Bei­rats­mit­glie­der au­ßer­halb der Sit­zun­gen je­der­zeit auf die Ge­schäfts­füh­rung zu­ge­hen kön­nen oder ob das dem Bei­rats­vor­sit­zen­den vor­be­hal­ten ist. Ist es Auf­ga­be des  Bei­rats, als Bin­de­glied zwi­schen Ge­schäfts­lei­tung und Ge­sell­schaf­ter­kreis zu agie­ren, emp­fiehlt es sich zu de­fi­nie­ren, wie die Kom­mu­ni­ka­ti­on von Bei­rat zu Ge­sell­schaf­ter­kreis er­folgt.

Und zu gu­ter Letzt schei­tern Bei­rä­te auch an der Be­ra­tungs­re­sis­tenz do­mi­nan­ter Fir­men­ei­gen­tü­mer oder Ge­schäfts­füh­rer, die das Gre­mi­um schlicht nicht ernst neh­men. Zwar ist Bei­rä­ten in Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men in der Re­gel be­wusst, dass der oder die Ei­gen­tü­mer am Ende das letz­te Wort ha­ben wer­den. Aber auch je­dem Ei­gen­tü­mer muss
klar sein, dass kom­pe­ten­te Bei­rats­mit­glie­der, de­ren Im­pul­se kon­se­quent igno­riert und de­ren Ein­wän­de per­ma­nent über­stimmt wer­den, kei­ne lan­ge Ver­weil­dau­er ha­ben wer­den. Die bes­ten Bei­rä­te wer­den sich oh­ne­hin gar nicht erst auf Gre­mi­en ein­las­sen, in de­nen ihr Rat am Ende doch nicht zählt.

KA­RIN EBEL ist Part­ne­rin bei Pe­ter May Fa­mi­ly Busi­ness Con­sul­ting und Netz­werk­part­ne­rin der IN­TES Aka­de­mie für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men

GE­ROLD RIE­DER ist Ge­schäfts­füh­rer der IN­TES Aka­de­mie für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men

Spe­zi­ell für Bei­rä­te

Der ers­te der drei Lehr­gän­ge ver­mit­telt das Ba­sis­wis­sen für eine pro­fes­sio­nel­le Bei­rats­ar­beit: Rah­men­be­din­gun­gen im Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men, Rol­len, Auf­ga­ben.
11. bis 12. September 2018 in Essen

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