Derzeit zu wenige Frauen in der Geschäftsführung von Familienunternehmen!

De­fi­ni­tiv zu we­nig! Auch heute noch: Nur 13,6 Prozent der 500 größten Familienunternehmen in Deutschland haben eine Frau in der Geschäftsführung. Jetzt ist die Next Generation gefragt: Sie muss die Unternehmen auch in diesem Punkt in die Neuzeit holen und fit für die Zukunft machen. von Do­mi­nik von Au Die Ein­füh­rung ei­ner Frau­en­quo­te für die … Weiterlesen

De­fi­ni­tiv zu we­nig!

Auch heute noch: Nur 13,6 Prozent der 500 größten Familienunternehmen in Deutschland haben eine Frau in der Geschäftsführung. Jetzt ist die Next Generation gefragt: Sie muss die Unternehmen auch in diesem Punkt in die Neuzeit holen und fit für die Zukunft machen.

von Do­mi­nik von Au

Die Ein­füh­rung ei­ner Frau­en­quo­te für die Vor­stän­de von Un­ter­neh­men an der Bör­se und sol­chen, die der Mit­be­stim­mung un­ter­lie­gen, ist be­schlos­se­ne Sa­che. Ein wich­ti­ges und rich­ti­ges Si­gnal. Denn Frau­en sind Den­ke­rin­nen, Len­ke­rin­nen, Ent­schei­dungs­trä­ge­rin­nen und Ge­sprächs­part­ne­rin­nen auf Au­gen­hö­he! Wie­so soll­ten wir ei­nen Un­ter­schied in Sa­chen Ein­fluss, Sicht­bar­keit und Ge­rech­tig­keit ma­chen? Dass wir im Jahr 2020 noch die Fra­ge stel­len, war­um es mehr Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen braucht, darf wirk­lich nicht sein. Hof­fent­lich rüt­telt die­ses Si­gnal auch die Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mer wach, denn auf dem Vor­marsch sind hier die Che­fin­nen eben­so we­nig, wie un­längst der Be­richt der Allbright-Stif­tung be­legt: Da­nach ha­ben nur 29 der Top-100 Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men min­des­tens eine Frau in der Ge­schäfts­füh­rung. Das sitzt.

70 Pro­zent der männ­li­chen Next­Gens stre­ben eine CEO-Po­si­ti­on an, aber nur rund 30 Pro­zent der weib­li­chen Next­Gens.

Ich woll­te es ge­nau­er wis­sen und habe mit der Un­ter­stüt­zung von PwC und IN­TES die Top-500-Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men in Deutsch­land ana­ly­siert, ver­mu­tend, dass bei ab­neh­men­der Un­ter­neh­mens­grö­ße die Quo­te bes­ser wird. Dem war nicht so. Zwar ken­ne ich ei­ni­ge frau­en­geführ­te Un­ter­neh­men – und vie­le weib­li­che Next­Gens, die in den Start­lö­chern ste­hen, sehr gut. Aber sie sind wohl lei­der nicht re­prä­sen­ta­tiv. Die Er­geb­nis­se un­se­rer Un­ter­su­chung sind ein­deu­tig, und lei­der ver­nich­tend: Le­dig­lich 13,8 Pro­zent der Top-500-Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ha­ben min­des­tens eine Frau in der ope­ra­ti­ven Füh­rung. An­ders ge­sagt: 9 von 10 der 500 größ­ten Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men in un­se­rem Land ha­ben kei­ne ein­zi­ge Frau in der Füh­rung. Das ist kein „Schön­heits­fleck“! Mit­tel­stand im Mit­tel­al­ter?

Je­doch: Es gibt die be­grün­de­te Aus­sicht dar­auf, dass sich an die­sem Un­gleich­ge­wicht in den kom­men­den Jah­ren et­was än­dert. Aus­schlag­ge­bend da­für ist der Blick auf die Next­Gens: Jetzt zieht es die weib­li­chen Nach­fol­ger in Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men im­mer stär­ker in die Ver­ant­wor­tung. Das er­gab die glo­ba­le Next­Gen-Stu­die 2019 von PwC, an der na­he­zu 1.000 Next­Gens (dar­un­ter ein Drit­tel Frau­en) teil­nah­men. Ob Frau oder Mann, rund 81 Pro­zent von ih­nen stre­ben grund­sätz­lich eine – wie auch im­mer aus­ge­klei­de­te – füh­ren­de Rol­le im Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men an. Das gilt für die glo­ba­le Aus­wer­tung, aber auch für die Be­fra­gung un­ter deut­schen Next­Gens. Die jüngs­ten Un­ter­su­chun­gen der Stif­tung Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men und des Wit­te­ner In­sti­tuts für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men zur weib­li­chen Nach­fol­ge wei­sen eben­falls in die­se Rich­tung. Al­ler­dings fan­den die Au­to­ren auch her­aus, dass Frau­en vor al­lem in klei­ne­ren und jün­ge­ren Un­ter­neh­men in die Füh­rung rü­cken. Was muss also pas­sie­ren, da­mit ei­ner­seits die­se Be­we­gung grö­ßer wird und an­de­rer­seits auch gro­ße Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men auf die Frau­en­power set­zen?

Span­nen­de Fra­ge, auch vor dem Hin­ter­grund ei­nes an­de­ren Er­geb­nis­ses un­se­rer Be­fra­gung: Mit Blick auf die kom­men­den sie­ben Jah­re wol­len nach un­se­rer PwC/​IN­TES-Un­ter­su­chung über 70 Pro­zent der männ­li­chen Next­Gens ganz kon­kret in eine CEO-Po­si­ti­on, aber nur rund 30 Pro­zent der weib­li­chen. Will hei­ßen: Die Frau­en se­hen sich ten­den­zi­ell eher in der Rol­le der ak­ti­ven Ge­sell­schaf­te­rin mit ei­ner Rol­le im Auf­sichts­gre­mi­um. Bleibt die Fra­ge, ob sie in der Po­si­ti­on ei­ner Bei­rä­tin oder Auf­sichts­rä­tin auf mehr Frau­en in der Ge­schäfts­füh­rung hin­wir­ken wer­den. Ich bin da sehr zu­ver­sicht­lich. Denn es gibt eben meh­re­re Wege, Ver­ant­wor­tung im Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men zu über­neh­men. Das ist ei­ner da­von. Auch in den Auf­sichts­gre­mi­en sind Frau­en in ei­ner gu­ten Po­si­ti­on, maß­geb­lich mit­zu­be­stim­men, fal­len doch in die­sen Gre­mi­en oft die obers­ten Per­so­nal- und grund­sätz­li­chen Stra­te­gie­ent­schei­dun­gen.

Bei al­lem Op­ti­mis­mus, ein paar Sor­gen­fal­ten blei­ben auch bei mir: Denn ei­ni­ge Next­Gen-Frau­en trau­en sich die Chef-Auf­ga­be tat­säch­lich im­mer noch we­ni­ger zu. So ha­ben sie deut­lich häu­fi­ger als die Män­ner das Ge­fühl, sich erst be­wei­sen zu müs­sen, be­vor sie sich ver­stärkt ein­brin­gen dür­fen: „Ich muss die Be­triebs­ab­läu­fe bes­ser ver­ste­hen, be­vor ich Ände­run­gen vor­schla­gen kann“, ist eine Aus­sa­ge, der 25 Pro­zent der Frau­en, aber nur 6 Pro­zent der Män­ner in der Er­he­bung für Deutsch­land zu­stim­men. Ähn­li­ches gilt für die Aus­sa­ge: „Ich muss mich erst noch be­wei­sen, be­vor ich mei­ne Ide­en für Ver­än­de­run­gen plat­zie­re.“ Dem stim­men in Deutsch­land 38 Pro­zent der Frau­en, aber nur 12 Pro­zent der Män­ner zu. In­di­zi­en da­für, dass Frau­en mit­un­ter ihr Fach­wis­sen ge­rin­ger ein­schät­zen. So sind sie auch we­ni­ger of­fen­siv beim Ein­brin­gen von Vor­schlä­gen.

Ge­for­dert sind die Vä­ter und Brü­der, die ihre Töch­ter und Schwes­tern nicht nur zur Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung er­mu­ti­gen, son­dern die­se auch tei­len!

Ich fra­ge mich, wes­halb das im­mer noch so ist. Be­son­ders die weib­li­chen Next­Gens brin­gen schon heu­te der­ma­ßen vie­le Ei­gen­schaf­ten mit, die schlicht­weg Vor­aus­set­zung sind für eine neue zeit­ge­mä­ße Art der Füh­rung: Als& Ge­ne­ra­ti­on-Z-Ver­tre­te­rin­nen sind sie mit dem „Per­ma­nent Chan­ge“ groß ge­wor­den. Und sie ha­ben kei­ne Angst vor Ver­än­de­run­gen. Im Ge­gen­teil, sie ste­hen drauf! Sie sind tech­no­lo­gie­af­fin und netz­werk­stark. Sie sind Team­play­er und wol­len agi­le Or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men. Denn so sind sie ge­prägt.

Zahl­rei­che Stu­di­en zei­gen be­reits jetzt, dass vor al­lem die ge­schlech­ter­spe­zi­fi­sche Di­ver­si­tät den Un­ter­neh­mens­er­folg po­si­tiv be­ein­flusst und ein kom­mu­ni­ka­ti­ver, ko­ope­ra­ti­ver Füh­rungs­stil, wie ich ihn bei Nach­fol­ge­rin­nen viel­fach er­le­be, das Un­ter­neh­men spür­bar vor­an­treibt. Frau­en brin­gen nun ein­mal an­de­re Pro­blem­lö­sungs­stra­te­gi­en und an­de­re Ar­ten von Kol­la­bo­ra­ti­on als Män­ner mit an den Tisch. Oft­mals de­cken sie ge­nau die As­pek­te ab, die in der di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­on kon­kret ge­for­dert sind. Hier wer­den be­son­ders die weib­lich ge­präg­ten Um­gangs­for­men mit Agi­li­tät und In­no­va­ti­ons­fä­hig­keit zur spiel­ent­schei­den­den Grö­ße. Ganz ab­ge­se­hen da­von, dass Frau­en den an­de­ren Blick auf die „Dri­vers of Chan­ge“ ha­ben: Laut der PwC-Next­Gen-Um­fra­ge se­hen 88 Pro­zent der Män­ner neue Tech­no­lo­gi­en als den we­sent­li­chen Trei­ber für Ver­än­de­run­gen, aber nur 50 Pro­zent der Frau­en. Da­ge­gen hal­ten 50 Pro­zent der Frau­en so­zia­le und um­welt­be­zo­ge­ne Trends für aus­schlag­ge­bend, aber nur 29 Pro­zent der Män­ner (be­zo­gen auf die Er­he­bung für Deutsch­land). Auch in die­sem Sin­ne: Le­t’s team up! 

Die Be­we­gung braucht Büh­nen und Sicht­bar­keit

Es muss noch viel pas­sie­ren, da­mit der zag­haf­te Trend zu mehr Frau­en in der Füh­rung von Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men zur re­gel­rech­ten Be­we­gung wird. Vor al­lem soll­te er nicht da­durch ge­bremst wer­den, dass sich zu we­ni­ge Frau­en die Rol­le echt zu­trau­en, in der sie sich im Grun­de se­hen. Hier ist das vor­bild­haf­te Vor­an­ge­hen de­rer, die sich schon ge­traut ha­ben, hilf­reich. Un­ter­stützt wer­den soll­te ihre Sicht­bar­keit auch da­durch, dass sich viel mehr weib­li­che CEOs raus ins Ram­pen­licht wa­gen; klar und deut­lich und in den Me­di­en ge­nau­so wie auf den viel­fäl­ti­gen Ver­an­stal­tun­gen. An­ders als in der Start-up-Sze­ne gibt es bei den ar­ri­vier­ten Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men näm­lich im­mer noch sehr we­ni­ge büh­nen­af­fi­ne Front­frau­en. Sie wer­den ge­sucht, vor al­lem auch Next­Gen-Fa­mi­li­en­un­ter­neh­me­rin­nen, die ne­ben ih­rer fach­li­chen Ex­per­ti­se laut­stär­ker für die mehr als an­ge­zeig­te Di­ver­si­tät ein­tre­ten. Die sich auf die Po­di­en set­zen, In­ter­views ge­ben, in der Öffent­lich­keit prä­sent sind.

Vom Um­den­ken zum Um­han­deln

Was wir jetzt brau­chen: mehr Selbst­be­wusst­sein, mehr Rol­len-Vor­bil­der,mehr Netz­wer­ke. Und vor al­lem eine an­de­re Wahr­neh­mung. Die der­zei­ti­ge Frau­en­quo­te in der Füh­rung bei Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ist kein Ver­se­hen, son­dern hat Sys­tem! Da­bei soll­ten na­tür­lich nicht al­lein die Frau­en ihre Ein­stel­lun­gen über­prü­fen, son­dern be­son­ders die Män­ner, und zwar die­je­ni­gen, die in Füh­rungs­po­si­tio­nen sind, ge­nau­so wie die, die über de­ren Be­set­zung mit­be­stim­men. Ge­for­dert sind die Vä­ter und Brü­der, die ihre Töch­ter und Schwes­tern nicht nur zur Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung er­mu­ti­gen,son­dern die­se auch tei­len. Und die Struk­tu­ren so an­le­gen,dass Di­ver­si­tät zu­ge­las­sen und ak­tiv ge­för­dert wird. Lasst uns das über­kom­me­ne „Es kann nur den ei­nen ge­ben“-Den­ken der El­tern­ge­ne­ra­ti­on be­wusst und hör­bar ab­le­gen.

Und bit­te kei­ne Pa­tri­ar­chen mehr, die be­haup­ten, Un­ter­neh­mens­füh­rung und Fa­mi­li­en­grün­dung pass­ten nicht zu­sam­men! Ins­be­son­de­re die ope­ra­tiv tä­ti­gen In­ha­be­rin­nen kön­nen bis auf Wei­te­res bei­des viel leich­ter kom­bi­nie­ren als die weib­li­chen An­ge­stell­ten in klas­si­schen Ma­nage­ment­jobs. „Durch ihre macht­vol­le Po­si­ti­on ist es für die Fa­mi­li­en ein Leich­tes, ihre Un­ter­neh­men hier schnell als Vor­bil­der an die Spit­ze zu brin­gen – sie müs­sen nur die stra­te­gi­schen Vor­tei­le er­ken­nen“, ana­ly­sie­ren die Au­to­ren der AllBright-Un­ter­su­chung.

Ja, die Frau­en soll­ten öf­ter „ein­fach mal ma­chen“. Kön­nen tun sie es al­le­mal. Nur hin­ter­fra­gen sie bis­wei­len im­mer noch zu stark, ob sie auch „dür­fen“. Ja, mehr als das: „Ihr soll­tet, ihr müsst so­gar!“, ist mei­ne Ant­wort. Ich wür­de mir wün­schen, dass die Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mer nun auch hier vor­an­ge­hen und Far­be be­ken­nen. Die Next­Gen kann der trei­ben­de Fak­tor sein und den Pro­zess der Ver­än­de­rung ak­tiv mit­ge­stal­ten. Die Nach­fol­ge­rin­nen und Nach­fol­ger be­sit­zen die Fä­hig­keit zur scho­nungs­lo­sen Selbst­er­kennt­nis und den Mut, in der Ver­gan­gen­heit Be­währ­tes in Fra­ge zu stel­len und die not­wen­di­gen Ver­än­de­run­gen ge­gen Wi­der­stän­de durch­zu­set­zen. Sie hat in mei­nen Au­gen längst ver­stan­den, dass es ohne Di­ver­si­tät kei­ne Zu­kunft gibt.

Dr. Do­mi­nik von Au ist Ge­schäfts­füh­rer der IN­TES Aka­de­mie für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men und ver­ant­wort­li­cher Part­ner bei PwC für den Be­reich Fa­mi­ly Go­ver­nan­ce Con­sul­ting

d.von.au@in­tes-aka­de­mie.de

https://​www.lin­ke­din.com/​in/​dr-do­mi­nik-von-au-10b1915/

www.ins­ta­gram.com/​do­mi­nik­vo­nau/

Der Text ist im IN­TES – Un­ter­neh­mer­Brief Aus­ga­be 02/​2020 erschienen.

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