02.09.2024 - Highlight, Nachfolge, News, Publikationen
Familienunternehmen gemeinsam führen
Viele Familienunternehmer wünschen sich einen graduellen Übergang auf die nächste Generation. Wie sinnvoll ist es, das Unternehmen mit Tochter oder Sohn gemeinsam zu führen – und zwar nicht nur für die kurze Zeit der Übergabe? Von Nina Heinemann* Zeigt sich ein Kind geeignet und grundsätzlich bereit, in das Familienunternehmen einzutreten, sind die Eltern eine große … Weiterlesen
Viele Familienunternehmer wünschen sich einen graduellen Übergang auf die nächste Generation. Wie sinnvoll ist es, das Unternehmen mit Tochter oder Sohn gemeinsam zu führen – und zwar nicht nur für die kurze Zeit der Übergabe?
Von Nina Heinemann*
Zeigt sich ein Kind geeignet und grundsätzlich bereit, in das Familienunternehmen einzutreten, sind die Eltern eine große Sorge los: Die Zukunft des Unternehmens scheint gesichert, eine Antwort auf die zentrale Frage „Wie geht es weiter mit unserer Firma?“ endlich gefunden. Ist der Zeitpunkt dann gekommen und Sohn oder Tochter starten tatsächlich im elterlichen Betrieb, ist jedes Mal das gleiche Phänomen zu beobachten: Der Familienunternehmer blüht regelrecht auf. Was kann es auch Schöneres geben, als das eigene Kind in die Firma einzuführen, ihm „seine Welt zu erklären“, es bei Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern vorzustellen und Erfahrung weiterzugeben? Das bereitet einfach Freude, motiviert und macht ein Stück weit stolz.
Was in dieser Phase der Euphorie häufig zu kurz kommt, ist der Plan für eine geregelte Nachfolge in der Firmenleitung. Viele Familienunternehmer denken häufig nur bis zu dem Punkt, an dem geklärt ist, wann und wie es für den Junior als Nachfolger hineingeht, nicht aber, wie und wann es für sie, den Senior, hinausgeht.
Dabei ist es ein entscheidender Unterschied, ob sich ein junger Mensch in einem klar definierten Zeitraum an der Seite des Vaters oder der Mutter entwickeln und gezielt auf die Übernahme der Unternehmensführung vorbereiten kann oder längerfristig gemeinsam mit dem Elternteil die Firma leiten soll. Im letzteren Fall stellt sich die Frage: In welcher Rolle kann der Junior hier agieren?
Verhaftet im Eltern-Kind-Verhältnis, wird er sich in solch einer Konstellation natürlicherweise in aller Regel unterordnen. So wird aus einem ambitionierten und talentierten Filius nur allzu leicht ein Prinz Charles, der auf ungewisse Zeit warten muss, bis er endlich an die Spitze rücken darf.
Weitsichtige Familienunternehmer können daraus nur einen Schluss ziehen: Habe ich die gewünschten Nachfolger, die können und wollen, dann muss ich den eigenen Nachwuchs von einem gewissen Punkt an auch machen lassen, das Ruder an die junge Generation übergeben und mich selbst aus der Führung des Unternehmens zurückziehen – auch wenn’s schwerfällt.
Von so viel Klarheit und Aufrichtigkeit profitieren alle Beteiligten: der Senior-Chef, der mit Blick auf seine abnehmende Leistungsfähigkeit den Zeitpunkt seines Ausscheidens nicht zu sehr auf die lange Bank schiebt und seine Würde wahren kann. Der Junior-Chef, der Schritt für Schritt seinen Gestaltungsspielraum erweitern kann und Respekt und Unabhängigkeit gewinnt. Das Unternehmen, weil notwendige Veränderungen umgesetzt und nicht durch zu starkes Beharrungsvermögen blockiert werden.
Der Weg zu einer erfolgreichen gemeinsamen Zeit führt über ein bewusstes Innehalten: Haben sich die beiden Generationen auf eine Zusammenarbeit in der Unternehmensführung geeinigt, sollten sie sich spätestens nach vier bis fünf Jahren tief in die Augen blicken und sich fragen: Ist es wirklich das, was wir wollen? Wie lange soll unsere gemeinsame Zeit in der Führung dauern? Und was kommt danach? Sind sich alle einig, sollte der Zeitpunkt der Übergabe möglichst konkret definiert werden – und nicht in allzu ferner Zukunft liegen.
Wenn eine gemeinsame Führung von Eltern und Kind über einen längeren Zeitraum gut für das Unternehmen und für die Familie gelingen soll, braucht es vor allem:
- Transparenz und ein gemeinsames Verständnis von Rollen und Zielen
- einen klaren (Zeit-)Plan
- Verbindlichkeit in der Umsetzung
- Disziplin im Umgang miteinander
Denn auf das, was ein 79-jähriger Familienunternehmer jüngst sagte, sollte man sich besser nicht verlassen: „Meine Söhne werden mir dann schon sagen, dass sie mich nicht mehr brauchen.“ So denken Kinder nicht. Sie würden es nicht übers Herz bringen, den Eltern zu sagen, dass sie zum alten Eisen gehören. Nein, die ältere Generation ist selbst in der Verantwortung, einen konkreten Termin für ihr Ausscheiden aus der Führung der Firma festzulegen und veränderte Rollen rechtzeitig vorzubereiten.
*Nina Heinemann ist selbständige Nachfolgeberaterin und Netzwerkpartnerin der INTES Akademie für Familienunternehmen.
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