Familienunternehmen gemeinsam führen

Viele Familienunternehmer wünschen sich einen graduellen Übergang auf die nächste Generation. Wie sinnvoll ist es, das Unternehmen mit Tochter oder Sohn gemeinsam zu führen – und zwar nicht nur für die kurze Zeit der Übergabe? Von Nina Hei­nemann* Zeigt sich ein Kind ge­eig­net und grund­sätz­lich be­reit, in das Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ein­zu­tre­ten, sind die El­tern eine gro­ße … Weiterlesen

Viele Familienunternehmer wünschen sich einen graduellen Übergang auf die nächste Generation. Wie sinnvoll ist es, das Unternehmen mit Tochter oder Sohn gemeinsam zu führen – und zwar nicht nur für die kurze Zeit der Übergabe?

Von Nina Hei­nemann*

Zeigt sich ein Kind ge­eig­net und grund­sätz­lich be­reit, in das Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ein­zu­tre­ten, sind die El­tern eine gro­ße Sor­ge los: Die Zu­kunft des Un­ter­neh­mens scheint ge­si­chert, eine Ant­wort auf die zen­tra­le Fra­ge „Wie geht es wei­ter mit un­se­rer Fir­ma?“ end­lich ge­fun­den. Ist der Zeit­punkt dann ge­kom­men und Sohn oder Toch­ter star­ten tat­säch­lich im el­ter­li­chen Be­trieb, ist je­des Mal das glei­che Phä­no­men zu be­ob­ach­ten: Der Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mer blüht re­gel­recht auf. Was kann es auch Schö­ne­res ge­ben, als das ei­ge­ne Kind in die Fir­ma ein­zu­füh­ren, ihm „sei­ne Welt zu er­klä­ren“, es bei Mit­ar­bei­tern, Kun­den und Ge­schäfts­part­nern vor­zu­stel­len und Er­fah­rung wei­ter­zu­ge­ben? Das be­rei­tet ein­fach Freu­de, mo­ti­viert und macht ein Stück weit stolz.

Was in die­ser Pha­se der Eu­pho­rie häu­fig zu kurz kommt, ist der Plan für eine ge­re­gel­te Nach­fol­ge in der Fir­men­lei­tung. Vie­le Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mer den­ken häu­fig nur bis zu dem Punkt, an dem ge­klärt ist, wann und wie es für den Ju­ni­or als Nach­fol­ger hin­ein­geht, nicht aber, wie und wann es für sie, den Se­ni­or, hin­aus­geht.

Da­bei ist es ein ent­schei­den­der Un­ter­schied, ob sich ein jun­ger Mensch in ei­nem klar de­fi­nier­ten Zeit­raum an der Sei­te des Va­ters oder der Mut­ter ent­wi­ckeln und ge­zielt auf die Über­nah­me der Un­ter­neh­mens­füh­rung vor­be­rei­ten kann oder län­ger­fris­tig ge­mein­sam mit dem El­tern­teil die Fir­ma lei­ten soll. Im letz­te­ren Fall stellt sich die Fra­ge: In wel­cher Rol­le kann der Ju­ni­or hier agie­ren?

Ver­haf­tet im El­tern-Kind-Ver­hält­nis, wird er sich in solch ei­ner Kon­stel­la­ti­on na­tür­li­cher­wei­se in al­ler Re­gel un­ter­ord­nen. So wird aus ei­nem am­bi­tio­nier­ten und ta­len­tier­ten Fi­li­us nur all­zu leicht ein Prinz Charles, der auf un­ge­wis­se Zeit war­ten muss, bis er end­lich an die Spit­ze rü­cken darf.

Weit­sich­ti­ge Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mer kön­nen dar­aus nur ei­nen Schluss zie­hen: Habe ich die ge­wünsch­ten Nach­fol­ger, die kön­nen und wol­len, dann muss ich den ei­ge­nen Nach­wuchs von ei­nem ge­wis­sen Punkt an auch ma­chen las­sen, das Ru­der an die jun­ge Ge­ne­ra­ti­on über­ge­ben und mich selbst aus der Füh­rung des Un­ter­neh­mens zu­rück­zie­hen – auch wen­n’s schwer­fällt.

Von so viel Klar­heit und Auf­rich­tig­keit pro­fi­tie­ren alle Be­tei­lig­ten: der Se­ni­or-Chef, der mit Blick auf sei­ne ab­neh­men­de Leis­tungs­fä­hig­keit den Zeit­punkt sei­nes Aus­schei­dens nicht zu sehr auf die lan­ge Bank schiebt und sei­ne Wür­de wah­ren kann. Der Ju­ni­or-Chef, der Schritt für Schritt sei­nen Ge­stal­tungs­spiel­raum er­wei­tern kann und Re­spekt und Un­ab­hän­gig­keit ge­winnt. Das Un­ter­neh­men, weil not­wen­di­ge Ver­än­de­run­gen um­ge­setzt und nicht durch zu star­kes Be­har­rungs­ver­mö­gen blo­ckiert wer­den.

Der Weg zu ei­ner er­folg­rei­chen ge­mein­sa­men Zeit führt über ein be­wuss­tes In­ne­hal­ten: Ha­ben sich die bei­den Ge­ne­ra­tio­nen auf eine Zu­sam­men­ar­beit in der Un­ter­neh­mens­füh­rung ge­ei­nigt, soll­ten sie sich spä­tes­tens nach vier bis fünf Jah­ren tief in die Au­gen bli­cken und sich fra­gen: Ist es wirk­lich das, was wir wol­len? Wie lan­ge soll un­se­re ge­mein­sa­me Zeit in der Füh­rung dau­ern? Und was kommt da­nach? Sind sich alle ei­nig, soll­te der Zeit­punkt der Überg­a­be mög­lichst kon­kret de­fi­niert wer­den – und nicht in all­zu fer­ner Zu­kunft lie­gen.

Wenn eine ge­mein­sa­me Füh­rung von El­tern und Kind über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum gut für das Un­ter­neh­men und für die Fa­mi­lie ge­lin­gen soll, braucht es vor al­lem:

  • Transparenz und ein gemeinsames  Verständnis von Rollen und Zielen
  • einen klaren (Zeit-)Plan
  • Verbindlichkeit in der Umsetzung
  • Disziplin im Umgang miteinander

Denn auf das, was ein 79-jäh­ri­ger Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mer jüngst sag­te, soll­te man sich bes­ser nicht ver­las­sen: „Mei­ne Söh­ne wer­den mir dann schon sa­gen, dass sie mich nicht mehr brau­chen.“ So den­ken Kin­der nicht. Sie wür­den es nicht übers Herz brin­gen, den El­tern zu sa­gen, dass sie zum al­ten Ei­sen ge­hö­ren. Nein, die äl­te­re Ge­ne­ra­ti­on ist selbst in der Ver­ant­wor­tung, ei­nen kon­kre­ten Ter­min für ihr Aus­schei­den aus der Füh­rung der Fir­ma fest­zu­le­gen und ver­än­der­te Rol­len recht­zei­tig vor­zu­be­rei­ten.

*Nina Hei­nemann ist selb­stän­di­ge  Nach­fol­ge­be­ra­te­rin und Netz­werk­part­ne­rin der IN­TES Aka­de­mie für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men.

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