Holzverarbeiterin in dritter Generation

Ines Kaindl (38 Jahre) ist Mehrheitseigentümerin und Verwaltungsratspräsidentin der Schweizer Swiss Krono Group. Schritt für Schritt organisiert sie das Unternehmen um. von Nor­bert Küh­nis* Frau Kaindl, wie sah Ihr Weg ins Familienunternehmen aus?INES KAINDL: Ich bin sehr un­ter­neh­mens­nah auf­ge­wach­sen und war mit mei­nem Va­ter oft in un­se­ren Wer­ken un­ter­wegs. Wäh­rend mei­nes Stu­di­ums habe ich im­mer wie­der … Weiterlesen

Ines Kaindl (38 Jahre) ist Mehrheitseigentümerin und Verwaltungsratspräsidentin der Schweizer Swiss Krono Group. Schritt für Schritt organisiert sie das Unternehmen um.

von Nor­bert Küh­nis*

Frau Kaindl, wie sah Ihr Weg ins Familienunternehmen aus?
INES KAINDL: Ich bin sehr un­ter­neh­mens­nah auf­ge­wach­sen und war mit mei­nem Va­ter oft in un­se­ren Wer­ken un­ter­wegs. Wäh­rend mei­nes Stu­di­ums habe ich im­mer wie­der im Un­ter­neh­men ge­ar­bei­tet und die ver­schie­de­nen Ab­tei­lun­gen ken­nen­ge­lernt. Seit 2009 bin ich Ver­wal­tungs­rats­prä­si­den­tin.

Da waren Sie gerade Ende zwanzig. Das war sicherlich keine einfache Aufgabe.
Mein Va­ter hat mich sehr gut an die Auf­ga­be her­an­ge­führt und sei­ne Er­fah­run­gen stets mit mir ge­teilt. So konn­te ich da hin­ein­wach­sen. Seit­dem hat sich viel ge­tan.

Sie haben die Konzernleitung komplett umgebaut …
Wir sind noch mit­ten­drin im Um­bau von ei­nem hier­ar­chi­schen top-down ge­führ­ten Un­ter­neh­men zu ei­nem viel par­ti­zi­pa­ti­ver ge­führ­ten Un­ter­neh­men. Ent­schei­dun­gen, die mein Va­ter frü­her al­lein ge­trof­fen hat, tref­fen heu­te die mehr­köp­fi­ge Kon­zern­lei­tung und der Ver­wal­tungs­rat ge­mein­sam. Bei ei­nem Un­ter­neh­men, das noch bis vor Kur­zem kom­plett de­zen­tral auf­ge­stellt war, ist das ein enor­mer Kul­tur­wan­del.

Geben Sie uns ein Beispiel?
Un­se­re Wer­ke in Po­len, Russ­land oder der Schweiz hat­ten frü­her so gut wie gar kei­nen Kon­takt un­ter­ein­an­der. Die Stand­ort­lei­ter ha­ben di­rekt an mei­nen Va­ter be­rich­tet und das war’s. Heu­te geht es nicht ohne eine en­ge­re Ver­zah­nung, schon al­lein, weil die gro­ßen Kun­den ei­nen zen­tra­len An­sprech­part­ner er­war­ten. Wir ha­ben heu­te z.B. ein zen­tra­les Key-Ac­coun­ting und in ge­wis­sen Be­rei­chen/​Seg­men­ten ei­nen ein­heit­li­chen Mar­ken­auf­tritt.

Was davon war Aufgabe des Managements und was Ihre Aufgabe als VR-Präsidentin?
Das ope­ra­ti­ve Ta­ges­ge­schäft ist Sa­che des Ma­nage­ments. Aber ich ver­ste­he mei­ne Auf­ga­be als VR-Prä­si­den­tin so, dass ich nicht ver­wal­te, son­dern ge­stal­te. Dazu ge­hört in je­dem Fall die ge­mein­sa­me Stra­te­gie­ent­wick­lung mit dem Ma­nage­ment. Nach mei­nem Ver­ständ­nis ist der Ver­wal­tungs­rat als obers­tes Or­gan der Ge­sell­schaft für die Stra­te­gie­ent­wick­lung ver­ant­wort­lich, ne­ben an­de­ren Auf­ga­ben wie der Be­stel­lung der Ge­schäfts­füh­rung, der fi­nan­zi­el­len Kon­trol­le usw.

Ist das ein Fulltime-Job?
So, wie ich ihn lebe, ja. Na­tür­lich mi­sche ich mich nicht ins Ta­ges­ge­schäft ein. Aber ich ma­che viel mehr, als nur an Ver­wal­tungs­rats­sit­zun­gen teil­zu­neh­men. Ich ste­he in en­gem Aus­tausch mit dem CEO und der Kon­zern­lei­tung und bin z.B. recht häu­fig vor Ort und be­su­che un­se­re Wer­ke. Für mich ist die­se Nähe zwin­gend, um in­for­miert zu sein und dann in Stra­te­gie­mee­tings mit der Ge­schäfts­lei­tung fun­dier­te Ent­schei­dun­gen tref­fen zu kön­nen.

Welche Zukunftsthemen treiben Swiss Krono aktuell um?
In­dus­trie 4.0 ist für uns si­cher ein zen­tra­les The­ma. Wir ar­bei­ten z.B. an Pre­dic­tive-Main­ten­an­ce-The­men oder auch an De­mand-Fo­re­cast-Sys­te­men. Pro­dukt­in­no­va­tio­nen sind für uns wich­tig, um dem Preis­druck in der Bran­che ent­ge­gen­zu­hal­ten. So ha­ben wir ge­ra­de form­al­de­hydfreie Span­plat­ten auf den Markt ge­bracht. Aber auch der Fach­kräf­te­man­gel be­schäf­tigt uns. Wir wis­sen, dass wir ei­ni­ges tun müs­sen, um als Ar­beit­ge­ber für jun­ge Leu­te at­trak­tiv zu blei­ben. Des­halb ha­ben wir ein in­ter­nes Füh­rungs­kräf­te­pro­gramm ent­wi­ckelt und küm­mern uns um die För­de­rung von Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen. Wir sind eine tra­di­tio­nell män­ner­do­mi­nier­te Bran­che, ha­ben aber bei Swiss Kro­no ei­ni­ge we­ni­ge ex­zel­len­te weib­li­che Füh­rungs­kräf­te. Die­se mit­ein­an­der zu ver­net­zen und zu för­dern ist mir per­sön­lich ein An­lie­gen.

Wir sind noch mit­ten im Um­bau von ei­nem hier­ar­chisch ge­führ­ten Un­ter­neh­men zu ei­nem viel par­ti­zi­pa­ti­ver ge­führ­ten.

In der vorangegangenen Generation haben Ihr Onkel und Ihr Vater das Familienunternehmen aufgeteilt. Heute führt die Familie Ihres Onkels die Kronospan-Gruppe in Österreich und Sie die Schweizer Swiss Krono Group. Wie lässt diese Erfahrung Sie auf das Thema Nachfolge blicken?
Mein Va­ter und mein On­kel wa­ren bei­de durch und durch Un­ter­neh­mer. Sie hät­ten nicht zu­ge­las­sen, dass sich ein Fa­mi­li­en­the­ma ne­ga­tiv auf das Un­ter­neh­men aus­wirkt. Für bei­de war die Lö­sung gut und rich­tig. Bei­de Un­ter­neh­men ha­ben pro­spe­riert. Aber wenn ich auf mei­ne ei­ge­nen noch sehr jun­gen Kin­der bli­cke, sehe ich schon die Her­aus­for­de­run­gen, die mit dem Ge­ne­ra­ti­ons­wech­sel ein­her­ge­hen, und die vie­len po­ten­zi­el­len Kon­flikt­her­de. In je­dem Fall wer­de ich mit dem Pro­zess recht­zei­tig star­ten, frü­her z.B., als mein Va­ter das ge­tan hat.

Sie hätten sich für Ihre Nachfolge mehr Zeit gewünscht?
Sa­gen wir so: Es gab kei­nen struk­tu­rier­ten Pro­zess, in den alle Fa­mi­li­en­mit­glie­der ein­ge­bun­den wa­ren, wie das heu­te z.B. im Rah­men von ei­nem Fa­mi­li­en­ko­dex ge­macht wird. Mei­ne Ge­schwis­ter sind deut­lich äl­ter als ich und ha­ben recht früh ent­schie­den, nicht im Un­ter­neh­men ak­tiv und auch nicht be­tei­ligt zu sein. Mein Va­ter hät­te sich das si­cher an­ders ge­wünscht. Viel­leicht hät­te ein – auch ex­tern un­ter­stütz­ter Fa­mi­li­en­ver­fas­sungs­pro­zess – zu ei­ner an­de­ren Lö­sung ge­führt als zu der, die wir heu­te ha­ben, um z.B. den Weg für Mit­glie­der zu­künf­ti­ger Ge­ne­ra­tio­nen ins Un­ter­neh­men of­fen zu hal­ten.

*Nor­bert Küh­nis ist Part­ner und Mit­glied der Ge­schäfts­lei­tung bei PwC Schweiz und ver­tritt dort den Markt­be­reich Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men und KMU. Seit über 20 Jah­ren be­glei­tet er Schwei­zer Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men bei Un­ter­neh­mens- und Fa­mi­li­en­the­men. In der Schweiz er­wirt­schaf­ten Un­ter­neh­men in Fa­mi­li­en­hand rund 60 Pro­zent des Brut­to­in­land­pro­dukts und be­schäf­ti­gen zwei Drit­tel al­ler Ar­beit­neh­mer.
stilisierte Darstellung eines Fabrikgebäudes

Die Fa­mi­lie Kaindl – vom Sä­ge­werk zum Mil­li­ar­den-Kon­zern

Die An­fän­ge der Swiss Kro­no Group ge­hen auf ein 1912 von Ines Kaindls Groß­va­ter Mat­thi­as Kaindl ge­grün­de­tes Sä­ge­werk im ös­ter­rei­chi­schen Lün­götz bei Salz­burg zu­rück, wo seit den 1950er-Jah­ren Sperr­holz und Span­plat­ten pro­du­ziert wer­den. In den 1960er-Jah­ren kam das Werk im schwei­ze­ri­schen Menz­nau hin­zu. In die­ser Zeit trenn­ten die bei­den Söh­ne des Grün­ders, Ernst und Mat­thi­as Kaindl, ihre Ak­tiv­tä­ten auf. Rund um das Werk in Menzau bau­te Ernst Kaindl die Swiss Kro­no Group auf. Bei­den Brü­dern ge­lingt es, durch ra­sche  Ex­pan­si­on und In­ter­na­tio­na­li­sie­rung glo­bal agie­ren­de Holz­ver­ar­bei­tungs­kon­zer­ne zu schmie­den.

Heu­te ge­hö­ren so­wohl die ös­ter­rei­chi­sche Kro­no­s­pan-Grup­pe (ca. 4 Mrd. Euro Jah­res­um­satz, 14.500 Mit­ar­bei­ter) als auch die Schwei­zer Swiss Kro­no Group (ca. 1,9 Mrd. Fran­ken Jah­res­um­satz, 4.800 Mit­ar­bei­ter) zu den größ­ten Holz­ver­ar­bei­tern in Eu­ro­pa.

Swiss Kro­no ist in drei Ge­schäfts­fel­dern tä­tig: In­te­ri­ors (Pro­duk­te für den Mö­bel- und In­nen­aus­bau), Buil­ding Ma­te­ri­als (leis­tungs­fä­hi­ge OSB-Plat­ten für den Holz­bau) und Floo­ring (La­mi­nat­bö­den). Swiss Kro­no lie­fert sei­ne Pro­duk­te in 120 Län­der.

Ernst Kaindl war bis zu sei­nem Tod im Jahr 2017 Al­lein­ei­gen­tü­mer der Swiss Kro­no Group. Heu­te lie­gen die An­tei­le voll­stän­dig bei sei­ner Toch­ter Ines Kaindl und ih­rer Mut­ter. Ne­ben Ines Kaindl gibt es zwei wei­te­re fa­mi­li­en­ex­ter­ne Ver­wal­tungs­rä­te. Die ope­ra­ti­ve Füh­rung liegt bei CEO Mar­tin Bret­tentha­ler.

 
Das In­ter­view ist er­schie­nen im IN­TES Un­ter­neh­mer­Brief 4/​2018.

UN­SE­RE WORK­SHOPS FÜR DIE NÄCHS­TE UN­TER­NEH­MER­GE­NE­RA­TI­ON

Illustration zum INTES New Leaders Program mit Textfeld und Stockfoto

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