Vergütung von Fremdgeschäftsführern

Steigt ein Externer ins Familienunternehmen ein, ist nicht nur das Gehalt wichtig. Erst wenn das Gesamtpaket stimmt, sind die Weichen für das Gelingen gestellt Von Axel Glo­ger* Ver­hand­lun­gen über das Ge­halt ge­hen manch­mal so: Der Un­ter­neh­mer stellt sich hin und be-schreibt sei­ne Li­nie. In der Pro­vinz bei uns, sagt er, sei ein an­stän­di­ges Haus mit … Weiterlesen

Steigt ein Externer ins Familienunternehmen ein, ist nicht nur das Gehalt wichtig. Erst wenn das Gesamtpaket stimmt, sind die Weichen für das Gelingen gestellt

Von Axel Glo­ger*

Ver­hand­lun­gen über das Ge­halt ge­hen manch­mal so: Der Un­ter­neh­mer stellt sich hin und be-schreibt sei­ne Li­nie. In der Pro­vinz bei uns, sagt er, sei ein an­stän­di­ges Haus mit 2.000 Qua­drat-me­tern Gar­ten für nur 240.000 Euro zu be­kom­men. Und über­haupt, setzt er fort, die Le­bens­hal­tungs­kos­ten sei­en ja so viel nied­ri­ger als in der Stadt. Kan­di­da­ten, die über ei­nen Job als fa­mi­li­en­frem­der Spit­zen­ma­na­ger ver­han­deln, frus­triert die­se Hal­tung. „Wer als Un­ter­neh­mer sol­che Ar­gu­men­te in Ge­halts­ver­hand­lun­gen nutzt, macht den Job schon un­at­trak­tiv“, warnt Jörg Rit­ter.

„Gute Leute haben immer Alternativen“

Dr. Jörg Rit­ter, Egon Zehn­der

Der Per­so­nal­be­ra­ter kennt die Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten im Ge­halts­ge­fü­ge sehr ge­nau – und hält nichts da­von, eine Spit­zen­kraft nur des­halb un­ter Markt­ni­veau zu ent­loh­nen, weil das Le­ben auf dem Land so bil­lig ist. „Kan­di­da­ten für eine Po­si­ti­on als fa­mi­li­en­frem­der CEO ha­ben ein fei­nes Ge­spür für das, was an­ge­mes­sen ist“, be­rich­tet Rit­ter, auf Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men spe­zia­li­sier­ter Part­ner bei Egon Zehn­der. Im Klar­text: Preis­drü­cke­rei in Ge­halts­ver­hand­lun­gen kann dazu füh­ren, dass der Kan­di­dat das Ge­spräch ab­bricht, auch wenn sonst al­les passt. „Gute Leu­te ha­ben im­mer Al­ter­na­ti­ven“, sagt Rit­ter.

Das ist nur ein In­diz da­für, dass die Ge­stal­tung der Ge­häl­ter von fa­mi­li­en­frem­den Spit­zen­ma­na­gern gut durch­dacht wer­den will. „In Zei­ten des Wett­laufs um die Bes­ten soll­ten nicht nur die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen der Ei­gen­tü­mer­fa­mi­lie be­rück­sich­tigt wer­den“, sagt Fa­bi­an Kien­baum, Chef der Un­ter­neh­mens­be­ra­tung Kien­baum Con­sul­tants, „auch die An­sprü­che der Kan­di­da­ten zäh­len.“

Das ist zum Bei­spiel beim The­ma ei­ner Be­tei­li­gung so. In der idea­len Welt wäre es ein schö­ner Ge­dan­ke, dem Fa­mi­li­en­frem­den zum Mit­ge­sell­schaf­ter zu ma­chen. Weil ihn das in die Rol­le­des Mit­in­ha­bers schlüp­fen lie­ße, wäre da­mit der Knecht zum Her­ren er­ho­ben – so­mit der klas­si­sche Prin­ci­pal-Agent-Kon­flikt neu­tra­li­siert. Aber das ist oft nur schö­ne Theo­rie, wie Er­fah­run­gen der Prak­ti­ker zei­gen: „In je­dem Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men, das nur ei­nen ei­ni­ger­ma­ßen ho­hen Un­ter­neh­mens­wert auf die Stra­ße bringt, wäre der Be­tei­li­gungs­er­werb für ei­nen Fa­mi­li­en­frem­den nicht zu stem­men“, sagt Hans Schlip­at, auf Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men spe­zia­li­sier­ter Part­ner bei der Per­so­nal­be­ra­tung Ro­chus Mum­mert. Hier lie­fen schnell hohe Mil­lio­nen­be­trä­ge als Kauf­preis auf. Das durch eine Kleinst­be­tei­li­gung zu um­ge­hen, da­von hält Schlip­at we­nig – ein 0,5-Pro­zent-An­teil am Ka­pi­tal ei­nes Fa­mi­li­en­un­ter­neh­mens mit ei­ner hal­ben Mil­li­ar­de Euro Um­satz wür­de sei­ne Wir­kung ver­feh­len. Wer Fa­mi­li­en­frem­de aus der Ge­sell­schaf­ter-Rol­le her­aus hält, si­chert sich zu­dem noch an­de­re Vor­tei­le: Die Fa­mi­lie bleibt auf der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung un­ter sich. Beim Aus­schei­den des Fa­mi­li­en­frem­den gibt es kei­ne Strei­te­rei­en über die ab­zu­gel­ten­de Wert­stei­ge­rung der An­tei­le, die von der Fa­mi­lie zu­rück­ge­kauft wer­den.

FI­XUM UND VA­RIA­BLER AN­TEIL

Wich­tig für die Ge­stal­tung des Ge­halts von Fremd­ma­na­gern im Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ist das rich­ti­ge Ver­hält­nis von Fix­ge­halt und va­ria­bler Ver­gü­tung. Da­bei sind auf­ge­reg­te Ver­gü­tungs­kon­zep­te wie bei den Start-ups in Ber­lin-Mit­te out. Hohe va­ria­ble An­tei­le pas­sen nicht zum Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men. „Frü­her galt die Faust­re­gel fif­ty-fif­ty für das Ver­hält­nis zwi­schen Fi­xum und Er­folgs­an­teil. Heu­te wird der fest ge­zahl­te An­teil eher bei 60 bis 70 Pro­zent an­ge­sie­delt“, be­rich­tet Zehn­der-Part­ner Rit­ter. Das hat ei­nen gu­ten Grund: „Die an­ge­stell­ten Spit­zen­ma­na­ger sol­len nicht für ih­ren Bo­nus ent­schei­den, son­dern für das Un­ter­neh­men“, sagt Hans Schlip­at. Die meis­ten Ei­gen­tü­mer­fa­mi­li­en wol­len kei­nen Kan­di­da­ten, der sich nur des­halb streckt, weil eine Wurst an der De­cke hängt.

DIE WOHN­SITZ-FRA­GE

Ein wei­te­rer Fix­punkt in den Ver­hand­lun­gen mit Fremd­ma­na­gern ist die Wohn­sitz­wahl. Ei­gen­tü­mer schät­zen es, wenn der Top-Mann oder die Top-Frau an den Sitz des Un­ter­neh­mens zieht. Das soll ein Com­mit­ment ge­gen­über dem Un­ter­neh­men und sei­ner Re­gi­on sein, zu­dem wird Nähe zum Ge­sche­hen in der Fir­ma ge­wünscht. Die Mit­ar­bei­ter sol­len eine Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur auch dann ha­ben, wenn kein Fa­mi­li­en­mit­glied führt. Des­halb, so weiß Ro­chus-Mum­mert-Mann Schlip­at zu be­rich­ten, bau­en sich in Ver­hand­lun­gen oft Fron­ten auf. „Die Be­reit­schaft zum Um­zug sinkt“, fasst er zu­sam­men, „be­son­ders wenn Fa­mi­li­en schul­pflich­ti­ge Kin­der im Gym­na­si­ums­al­ter ha­ben und der Ehe­part­ner be­rufs­tä­tig ist.“ Der Ex­ter­ne will dann eine Vier­ta­ges­prä­senz als mö­blier­ter Herr mit der Op­ti­on, vom Ho­me­of­fice aus zu ar­bei­ten. Die  In­ha­ber­fa­mi­lie aber will sicht­ba­re Prä­senz am Ort. Wenn kei­ne der bei­den Sei­ten nach­gibt, plat­zen Ver­hand­lun­gen. „Den Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men geht so man­cher gute Kan­di­dat ver­lo­ren“, sagt Schlip­at. Be­son­ders wenn die Fir­ma ih­ren Sitz in der Pro­vinz hat, kann das ein Nach­teil sein. In sol­chen Fäl­len ist es für In­ha­ber rat­sam, eine Pen­del-Exis­tenz ih­res CEO zu ak­zep­tie­ren.

Für die kon­kre­te Ge­stal­tung der va­ria­blen Ver­gü­tung gibt es be­währ­te Vor­ge­hens­wei­sen. Dazu ge­hö­ren vor al­lem zwei Re­geln: Der Er­folgs­an­teil soll­te an ein­fa­chen und lang­fris­tig wir­ken­den Kenn­zah­len fest­ge­macht wer­den. „Zu­dem soll­ten die Ei­gen­tü­mer die va­ria­blen Kom­po­nen­ten so wäh­len, dass sie den stra­te­gi­schen Wil­len der Fa­mi­lie ab­bil­den“, emp­fiehlt Jörg Rit­ter.

„Die Manager sollen nicht für ihren Bonus entscheiden sondern für das Unternehmen.“

Dr. Hans Schlipat, Rochus Mummert

Wel­che Kenn­zah­len soll­ten also ein­be­zo­gen wer­den? „Be­währt ha­ben sich KPIs wie EBIT, Re­turn on Ca­pi­tal Em­ploy­ed, Um­satz mit Pro­duk­ten, die nicht äl­ter sind als zwei Jah­re, und DB4 und DB5“, er­klärt Alex­an­der von Preen, Part­ner und Kol­le­ge von Fa­bi­an Kien­baum und seit vie­len Jah­ren Ex­per­te für Ver­gü­tungs­fra­gen. Eine ganz ähn­li­che Sicht­wei­se kommt von Egon Zehn­der: Jörg Rit­ter nennt Um­satz­ent­wick­lung, EBIT und Markt­an­teil als mög­li­che Kenn­zif­fern für die Ba­sis des va­ria­blen An­teils.

Über­dies kön­nen Ei­gen­tü­mer wei­te­re KPIs hin­zu­neh­men, die spe­zi­el­le Zie­le des Un­ter­neh­mens be­die­nen. Ist etwa Di­gi­ta­li­sie­rung eine Prio­ri­tät, kann die­se in den Ziel­ka­ta­log auf­ge­nom­men wer­den (Bei­spiel für ei­nen KPI: An­teil des mit di­gi­ta­len Pro­duk­ten er­ziel­ten Um­sat­zes am Ge­samt­ge­schäft). In an­de­ren Fäl­len mag der Schwer­punkt eher auf in­ter­na­tio­na­ler Ex­pan­si­on lie­gen (KPI: neu­er Aus­lands­um­satz oder Zahl der be­ar­bei­te­ten Län­der), und auch The­men wie die In­no­va­ti­ons­kraft las­sen sich über KPIs ab­bil­den (KPI: Zahl der an­er­kann­ten Pro­duk­te, die nicht äl­ter sind als drei Jah­re).

Die variablen Komponenten sollten so gewählt sein, dass sie den strategischen Willen der Familie abbilden.

Dr. Jörg Rit­ter, Egon Zehn­der

Frei­lich gilt ge­ne­rell die Emp­feh­lung, das va­ria­ble Pa­ket nicht zu un­über­sicht­lich zu ma­chen. Klar­heit über Zie­le ist für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men, die ei­nen fa­mi­li­en­frem­den CEO über zehn oder mehr Jah­re ein­set­zen wol­len, wich­ti­ger als ein Set von KPIs, das den Chef­con­trol­ler glück­lich macht. Je mehr KPIs es gibt, des­to grö­ßer ist zu­dem das Ri­si­ko, dass sie ver­al­ten und un­wirk­sam wer­den. „Die Ver­än­de­run­gen sind der­zeit so stark, dass we­ni­ge, ver­läss­li­che Kenn­zah­len bes­ser funk­tio­nie­ren als ein gro­ßes Bün­del, mit dem ver­sucht wird, je­des er­denk­li­che Spe­zi­al­the­ma ab­zu­bil­den“, sagt Jörg Rit­ter. Zu­dem ist es rat­sam, dem Fa­mi­li­en­frem­den über eine pas­sen­de Ge­stal­tung des Ge­halts den Blick für ei­nen lan­gen Zeit­ho­ri­zont zu öff­nen, der dem der Ei­gen­tü­mer­fa­mi­lie mög­lichst na­he­kommt. Dazu er­geht von Hans Schlip­at der Vor­schlag, eine Bo­nus-Bank ein­zu­rich­ten. Die­se funk­tio­niert so: Der Lang­frist-Bo­nus, der 60 Pro­zent vom ge­sam­ten va­ria­blen An­teil um­fas­sen kann, wird auf ein Treu­hand­kon­to ein­ge­zahlt. Die dort an­ge­sam­mel­ten Gut­ha­ben blei­ben für eine Min­dest­zeit von zum Bei­spiel vier Jah­ren lie­gen, be­vor der Fremd­ma­na­ger dar­über ver­fü­gen kann. Wäh­rend­des­sen wer­den sie mit dem EBIT ver­zinst. „Das ist lang­fris­tig at­trak­tiv. Wenn der CEO 10 bis 15 Jah­re da­bei­bleibt, kann er am Ende sei­ner Wir­kungs­zeit über ei­nen an­stän­di­gen sie­ben­stel­li­gen Be­trag ver­fü­gen.“

Ge­ne­rell ra­ten die Per­so­nal­be­ra­ter den Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men dazu, bei der Ge­stal­tung der Pa­ke­te für fa­mi­li­en­frem­de Spit­zen­leu­te in ih­rer Liga zu blei­ben – also mit­tel­stän­disch, bo­den­stän­dig und an­ge­mes­sen. „Lie­ber eine E-Klas­se oder ei­nen 5er BMW als Ge­schäfts­wa­gen – und nicht die S-Klas­se oder den A8“, be­schreibt Jörg Rit­ter sei­ne Emp­feh­lung. Zwar zah­len in Grö­ße und Aus­rich­tung ver­gleich­ba­re bör­sen­no­tier­te Mit­tel­ständ­ler im Schnitt hö­he­re Ge­häl­ter als Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men. Aber das Ren­nen müs­sen Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men nicht mit­ma­chen. Sie kön­nen auf dem Ar­beit­ge­ber­markt mit an­de­ren Pfun­den wu­chern – Ge­stal­tungs­frei­heit und eine ech­te Un­ter­neh­mer-Rol­le. Die­se Vor­tei­le sind nicht in Geld auf­zu­wie­gen.

* Axel Glo­ger ist Wirt­schafts­jour­na­list und schreibt u.a. für den IN­TES Un­ter­neh­mer­Brief.

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